Samstag
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Samstag früh,
Karl hatte eine kurze Nacht. Im Hotelzimmer stand ein Fernseher
und es liefen zu viele Western. Er gab aber Jürgen die Schuld. Dieser
hätte nachts zu laut "geschnauft". Nach dem Frühstück endlich war
es soweit, ab ins Fahrerlager. Erst einmal das Roadbook holen und
dann waren sie auch schon auf der Strecke. Karl hatte sich zwischenzeitlich
bei einigen anderen Teams umgesehen auf welchen Reifen diese starten
werden. Die Straßen waren noch nass und so überlegte der eine oder
andere nicht auf Slicks sondern auf Regenreifen zu fahren. Karl
und Jürgen vereinbarten, die Reifenwahl bis nach der Besichtigungsrunde
zu verschieben.
Die Streckenführung war vom Vorjahr noch bekannt, lediglich die
Anfahrt zu den einzelnen Wertungsprüfungen war geändert. Sowohl
im Roadbook als auch bei der Ausgabe der Startunterlagen wurde bereits
eindringlich darauf hingewiesen, dass man zwischen den einzelnen
Wertungsprüfungen langsam fahren solle, es werde kontrolliert. Hier
wurde sogar die Geschwindigkeit um jeweils 10 km/h unter der gültigen
StVO vorgeschrieben. Eine sinnvolle Maßnahme.
Die Strecke der ersten Wertungsprüfung brachte dann keine großen
Überraschungen, lediglich an mehreren Stellen war der Asphalt nass
und schmutzig. In den Waldstücken lag an den Straßenrändern, die
meist großzügig genutzt werden, teilweise viel Laub.
Die erste Wertungsprüfung (WP) musste dreimal gefahren werden. Der
Straßenbelag war hier nur Asphalt, nicht unbedingt Karls Lieblingsuntergrund.
Die zweite WP um das Mossandl Kieswerk wurde dann nur zweimal gefahren.
Dies wurde kurzfristig geändert, denn die Strecke sollte am Folgetag
auch noch halten. Hier ergaben sich ebenso keine großen Überraschungen.
Diese Strecke war von der Führung her auch bekannt.
Zurück im Fahrerlager waren die ersten Fahrzeuge der vorderen
Startgruppen bereits unterwegs. Bei der Reifenwahl entschieden die
beiden wie die meisten anderen Teams. Sie blieben auf den Slicks.
Es dauerte nicht mehr lange und Karl und Jürgen nahmen die
erste WP unter die Räder. Die WP lief gut, Karl war jedoch
nicht ganz zufrieden, meinte er doch, er wäre zu zurückhaltend,
insbesondere in den Waldstücken und an der Schikane gefahren. Das
passte schon, er sollte es nicht gleich in der ersten WP übertreiben.
Jürgen filmte alle WP`s, die Kamera mit der Hand haltend. Somit
konnte er sich nicht ausschließlich auf seinen Aufschrieb konzentrieren,
aber brauchte Karl diesen überhaupt? Ruck zuck waren die ersten
drei WP`s vorbei und man traf sich zur Mittagspause im Kieswerk.
Das einzige Thema unter den Teilnehmern waren die Zeiten. Bisher
hingen keine Zeiten aus und so konnte man nur raten. Das schlimmste
für unser Team war die Annahme, dass sie Strafsekunden für zu schnelles
Fahren auf den Verbindungsetappen erhalten haben. Im Roadbook stand
deutlich "bei Geschwindigkeitsüberschreitungen wird eine Strafzeit
und ein Strafgeld ausgesprochen." Tatsächlich stand nach der
zweiten WP ein Offizieller in einer 30er Zone und notierte alle
Fahrzeuge die an ihm vorbeifuhren. Laut Geschwindigkeitsmessung
fuhren wir zwar nur ca. 30, aber war das erlaubt? Laut Roadbook
durften wir höchstens 20 km/h fahren. Für unser Team war klar, das
gibt eine Strafe. Karl sah es gelassen, diesen Zeitverlust wollte
er auf Schotter locker wieder einfahren, was wiederum Jürgen etwas
beunruhigte.
Im Fahrerlager dann ein schneller Reifenwechsel. Die Slicks mussten
runter und die Winterreifen für die Schotterpisten drauf. Die Formel
1 hätte kaum schneller wechseln können. Bis Jürgen reagieren konnte,
war Karl schon fertig. Karl hatte extra investiert und neue Winterreifen
aufziehen lassen, denn dies war der Untergrund auf den er wartete.
Dann ging es auf den Schotter. Karl war in seinem Element. Zunächst
eine, wie sein Beifahrer empfand, perfekte Fahrt. |
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Dann aber kurz
bevor es auf ein kleines Stück Asphalt ging kam der Mitsubichi quer.
Sie rutschten von der Schotterpiste in den Acker. Kein Problem,
Rückwärtsgang eingelegt, rausfahren und weiter geht's, dachten sie.
Ein Streckenposten kam angerannt und deutete an, aufzuhören. Offensichtlich
war etwas mit den Reifen. Doch wer Karl kennt, der weiß, so lange
sich noch ein Rad dreht, wird gefahren. So war es dann auch. Mit
einem Platten fuhr er die restliche Wetungsprüfung zu Ende.
Die war noch lang, beide waren ja noch nicht mal im Schotterwerk.
Hielt das Auto? Karl schaffte es ins Schotterwerk und jetzt kam
das größte Problem. Mit Mühen kämpften sie sich den Schotterhügel
hoch. Geschafft, jetzt ging es nur noch abwärts und ins Ziel. Nur
noch auf der Felge und unter dem Applaus der Zuschauer im Schotterwerk
überquerten sie die Ziellinie. Aber der Preis war hoch, denn die
Zeit war kaputt. |
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Na gut, noch
eine WP, den Tag heften wir mal unter Erfahrungen ab, dachten sie.
Morgen gibt es ja eine zweite Chance, ein zweites Rennen.
Die letzte WP ging dann glatt. Karl fuhr ein richtig gutes Rennen
und der erste Tag war geschafft. Die Stimmung war dennoch mies,
die versaute vierte WP wegen des Reifenschadens und die drohende
Zeitstrafe wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung taten ihr übriges.
Jetzt noch Abnahme des Fahrzeugs für die morgige Rallye und dann
ab ins Hotel. Mittlerweile waren auch die Zeiten der ersten drei
WP`s angeschlagen. Da lagen beide nicht unbedingt vorne.
Abends im Saal beim Apfelbeck dann die Siegerehrungen. Kein Teilnehmer
wusste wie es gelaufen war. Naja, der Tag war für die beiden
sowieso abgehakt. Endlich wurden die Zeiten angeschlagen. So richtig
wollte aber keiner von ihnen das Drama auch noch nachlesen. Hoffentlich
nicht letzter. Karl machte sich dann doch auf und ging zum Aushang
der Zeiten. Seine Miene war nicht gerade toll als er zurückkam.
Vorletzter, ach du Sch….. Doch dann ein Grinsen. Zweiter Platz.
Jürgen konnte es nicht glauben und dachte, Karl wollte ihn nur verarschen.
Aber tatsächlich 2. Platz. Die anderen Teams hatten sich an den
Schikanen etliche Strafzeiten eingehandelt und fielen so hinter
unser Team zurück. Diese Platzierung trotz des platten Reifens,
welch ein Wahnsinn. |
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Hier hatte
es sich wieder einmal gezeigt. Karl ist auf losem Untergrund einfach
super unterwegs. Er maulte zwar immer wieder, dass er an den Schikanen
zu langsam gefahren sei, aber die Platzierung gab Jürgen Recht,
es nicht zu übertreiben. Sie passierten alle Schikanen ohne
eine Berührung.
Großer Unmut hingegen bei vielen anderen Teams. Mehr als die
Hälfte aller Starter erhielten an den Schikanen Strafzeiten aufgebrummt.
Der Veranstalter hatte dieses Mal extra Sportkommissare dort platziert,
um jede Verfehlung ahnden zu können. Die meisten Teams wollten es
nicht wahrhaben und hatten die Schikanen doch "höchstens leicht
berührt". Für Karl und Jürgen ein super Abend, welcher den Tag plötzlich
in einem ganz anderen Licht erscheinen ließ. Was konnte morgen eigentlich
noch passieren? Karl meinte, er könne morgen ruhig ein bisschen
mehr Gas geben und alles auf eine Karte setzen, ist ja jetzt egal.
Das Wochenende war schon gerettet, eine gute Platzierung und ein
schöner Pokal. Diese Reden bereiteten Jürgen nicht unbedingt eine
ruhige Nacht. |
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Sonntag
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Am Sonntagmorgen
herrschte herrliches Wetter. Angesagt war eigentlich schlechteres
Wetter, aber wenn Engel reisen…
Es war wieder nicht viel Zeit, schon waren die beiden auf der Besichtigungsrunde.
Die Strecke kannten sie schon vom Vortag. Diesmal wurden die WP's
in entgegengesetzter Richtung gefahren. Dennoch kaum eine Überraschung,
lediglich nach dem Start fuhr man im Kieswerk eine Sonderrunde für
die Zuschauer.
An diesem Sonntag nur eine WP die viermal gefahren werden musste.
Hoffentlich halten heute die Reifen. Und sie hielten. Karl fuhr
vier saubere Läufe, wenngleich er Jürgen teilweise an den Rand des
Verzweifelns brachte. Er ließ keinen Sprunghügel aus, besonders
nicht den Zielsprung. Karl wollte unbedingt den weitesten Sprung
erzielen, die Landungen waren jedoch teilweise sehr hart. |
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Doch es lief
alles problemlos, lediglich ein kleiner Patzer bei einer missglückten
Handbremswende im Kieswerk. Der kostete aber kaum Zeit. Dementsprechend
hoch waren die Erwartungen unseres Teams nach der letzten WP.
Am Ende des Tages standen Karl und Jürgen bei der Siegerehrung
tatsächlich ganz oben und holten sich den Pokal für den ersten Platz.
Was für ein Wochenende. Da wurde selbst die Heimfahrt nicht lange,
konnten sie sich doch immer wieder über die verschiedenen Szenen
der beiden Tage unterhalten. |
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Leider war
diese Rallye auch der letzte Wetbewerb im Jahr 2012. Auf jeden Fall
war es ein würdiger Saisonabschluss für die beiden. Jürgen
meinte nach der Veranstaltung, wenn es im Rallyesport eine "Schotter-Meisterschaft"
gäbe, so würde Karl wohl nichts anderes mehr fahren.
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JB |
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